04 Januar 2007

Vater und Sohn

Martin Pichlers atmosphärisch dichter, wieder in Südtirol spielender Roman Störgeräusch, der vertraute Motive aus Lunaspina und Nachtreise aufnimmt, ist wesentlich auch ein Roman über das Hören und die Sprache hinsichtlich ihrer technischen Vermittelbarkeit. So wird in diesem Roman auch mehr telefoniert und gechattet als direkt miteinander gesprochen.

Martin Pichler entwirft diese Vater-Sohn-Geschichte in parallelen Schnitten, zeigt präzise und niemals wertend, wie sich Franz und Philipp in den Monaten nach der erschütternden Erfahrung des Verlustes neu positionieren müssen. Doch die gewohnte Ordnung ist unwiederbringlich vorbei und schließlich durchbrechen die beiden Konventionen, deren Verbindlichkeit mit dem Tod der Mutter geendet hat.

Im Grunde sind dies, außer für die Beteiligten, wenig außergewöhnliche Dinge, die hier verhandelt werden: Familienkonstrukte, Lebensentwürfe – und der Zufall, der alles über den Haufen wirft. Doch die unbestrittene Meisterschaft des Autors zeigt sich gerade in seinem analytischen Blick auf das Alltägliche und seiner klaren Sprache, mit der er seine durchschnittlichen Figuren in allen Facetten ihrer körperlichen Erfahrung, existenziellen Begrenzung und sprachlosen Isoliertheit zeigt – Nicht immer bequem für den Leser, aber gerade deswegen unbedingt lesenswert.

Markus Hildenbrand in: Die Furche, 14. Dezember 2006